01 Mai 2006: Wir sind lahm gelegt

Die Firma Gebr. Klöcker möchte genau das tun, was Wirtschaft und Politik von den Unternehmen im Land erwarten: An ihrem Standort in Deutschland, im kleinen Borkener Stadtteil Weseke, entwickeln, investieren und dort expandieren. Doch das Oberverwaltungsgericht Münster macht dem Mechatronik-Unternehmen einen Strich durch die Rechnung.

Als international tätiges Unternehmen stellt Klöcker mechatronische Komponenten auf Halb-, Kreuz- und Volldreherbasis für Schaft- und Jacquardwebmaschinen her. Zurzeit sind am Standort Weseke über 40 Mitarbeiter beschäftigt. Klöcker hätte durch die Erweiterung elf neue Stellen geschaffen, sechs hoch qualifizierte Arbeits- und fünf Ausbildungsplätze. Stattdessen wird Klöcker nun gezwungenermaßen am Standort Indonesien erweitern. „Die Produktion, die wir in das Billigland Indonesien verlagern, ist kapitalintensiv“, erklärt Geschäftsführer Dr. Christoph Schwemmlein“. Üblicherweise wird in Billigländern arbeitsintensiv produziert, in Industriestaaten wie Deutschland hingegen kapitalintensiv. „Es wäre also besser und sinnvoller gewesen, aufgrund der kapitalintensiven Produktionsweise in Deutschland zu expandieren“, so Schwemmlein. Die Vergrößerung von rund 5.500 Quadratmetern wäre ausschließlich Bauunternehmen und Handwerkern im Kreis in Form neuer Aufträge zugute gekommen.

Seit Anfang April liegt das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vor. Die Firma Gebr. Klöcker darf sich an ihrem deutschen Standort in Borken-Weseke nicht vergrößern. Grund: Das Gericht erkannte den Bebauungsplan, den die Stadt Borken erarbeitet hatte, nicht an. Geklagt hatte ein direkter Nachbar des Unternehmens, weil er einen Teil seines Grundstückes als Bauland nutzen wollte. Erfolg hatte er mit seiner Klage zwar nicht, aber der Nachbar hatte noch einen Joker im Ärmel. „Als er merkte, dass dies nicht klappt, hat er ein Normenkontrollverfahren eingeleitet“, erklärt Schwemmlein. Mit dem Ergebnis, dass der Bebauungsplan nun komplett neu aufgestellt wird.

Bebauungsplan nicht anerkannt

Als Begründung, dass Klöcker nicht bauen darf, führt das Oberverwaltungsgericht an, eine der beiden noch freien Flächen könnte eventuell als Einzelhandel genutzt werden, z. B. als Kaufhaus. „Die Stadt Borken würde dies auf keinen Fall genehmigen,“ weiß Schwemmlein. Aber im Bebauungsplan fehle die entsprechende Regelung, die eine solche Nutzung ausschlösse. Alleine dieses eventuell reichte dem Gericht aus, um den Bebauungsplan zu kippen.

„Wir haben keine Zeit“

Zwar ließ das Gericht durchblicken, dass ein neuer Bebauungsplan das Problem lösen würde, aber dies alles braucht seine Zeit. Zeit, die die Firma Klöcker nicht hat. „Wir haben sechs Jahre lang darauf gewartet, mit dem Bau der beiden neuen Produktionshallen beginnen zu können“, erklärt Schwemmlein. „Bis ein neuer Bebauungsplan vom Borkener Rat verabschiedet wird, sind wir acht Monate weiter“, so der Geschäftsführer. „Beim TÜV wird nur der defekte Auspuff kontrolliert, wenn das Auto deshalb nicht durch den TÜV gekommen ist, beim Bebauungsplan wird alles noch mal komplett überprüft“, zieht Schwemmlein einen Vergleich.

Und auch gegen einen neuen Bebauungsplan könnte dann innerhalb eines Jahres wieder ein Normenkontrollverfahren eingeleitet werden. „Wahrscheinlich würde der Nachbar auch dann wieder bis zum letzten Tag der Frist warten“, meint Schwemmlein bitter. Zwei weitere Jahre würden ins Land ziehen, bis wiederum das Oberverwaltungsgericht entscheidet. „Wir können es uns nicht leisten, so lange zu warten“, so der frustrierte Geschäftsführer. „Schließlich muss unsere Lieferfähigkeit gewährleistet bleiben. Wir haben Aufträge zu erfüllen“.

Urteil macht Hoffnungen zunichte

Besonders enttäuscht ist Schwemmlein darüber, dass die elf Arbeitsstellen nun nicht wie geplant entstehen können. „Die Hoffnungen junger Menschen auf einen Arbeitsplatz sind durch das Gerichtsurteil zunichte gemacht worden, das tut einem wirklich Leid.“ Nun wird Klöcker gezwungenermaßen seinen Standort Bandung (Indonesien) um 2000 Quadratmeter erweitern und dort sechs neue Arbeitsplätze schaffen.

Quelle: IHK-Wirtschaftsspiegel, Sandra Niehaves-Tanjsek, Mai 2006