06 April 2012: Alternative Treibstoffe in Deutschland auf dem Vormarsch

– Ein Blick ins Ausland –

Ich habe einige Zeit mit meinem deutschen Freund Dr. Manfred Keune verbracht, der als pensionierter Germanistik-Professor der Universität Penn State engen Kontakt zu deutschen Firmen unterhält.

Mit seiner Unterstützung konnte ich herausfinden, welche Auswahl unsere deutschen Freunde bei Kauf und Nutzung von Fahrzeugen treffen, die mit alternativen Treibstoffen und dabei insbesondere benzinlos betrieben werden. Dieses Interview wird von besonderem Interesse für jene Leser sein, die die Möglichkeit der Nutzung von Erdgas bzw. anderen Gas-Treibstoffen in Zentral-Pennsylvania in Erwägung ziehen.

Auch wenn unsere Auswahl heute noch begrenzt ist – zumal scheinbar nur Dix Honda mit einer Variante des Honda Civic werkseitig ein entsprechendes Erdgas-Fahrzeug anbietet – gehe ich davon aus, dass andere Hersteller kurzfristig ebenfalls alternativ betriebene Fahrzeuge anbieten werden. Tatsächlich hat Dodge angekündigt, zum Ende dieses Sommers gasbetriebene Dodge Ram Kleintransporter in die Produktion aufzunehmen. – Dan Nestlerode

von Dr. MANFRED KEUNE

für Marcellus Business Central

Anhand der vorliegenden Anfrage soll ermittelt werden, weshalb Propangas als Treibstoff für den Fuhrpark eines Unternehmens wie der Gebr. Klöcker GmbH lohnend war und ist.

Die Gebr. Klöcker GmbH ist ein traditionelles, mittelständisches Unternehmen und weltweit tätig. Der Hauptsitz befindet sich in Borken, Nordrhein-Westfalen, Deutschland (nahe der niederländischen Grenze) und unterhält eine Produktionsstätte in Bandung, Indonesien. Das Unternehmen greift auf industrielle Mechatronik als Basis für die Herstellung von Webmaschinenzubehör zurück. Weitere Informationen sind unter www.kloecker-gmbh.com erhältlich.

Mein guter Freund Herr Dr. Christoph Schwemmlein, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens und ehemaliger Student des Juniata College in Huntingdon, wo er heute Mitglied des Überwachungsausschusses ist, ermöglichte mir anlässlich meines Aufenthaltes in Deutschland vor zwei Jahren, ein propan- und benzinbetriebenes Fahrzeug kennenzulernen.

Ich nutzte das Fahrzeug, eine General Motors Geländelimousine (SUV), über einen Zeitraum von zwei Wochen in ganz Deutschland sowohl auf der Autobahn als auch im Stadtverkehr. Während dieser Zeit hatte ich die Wahl zwischen Propangas oder Benzin als Treibstoff und entschied mich für Propan, da es erheblich günstiger war. Ich stellte fest, dass das Befüllen des Gastanks nach einer kurzen, praktischen Einführung durch den Tankstellenwart keine größere Schwierigkeit darstellte. Man zeigte mir, wie der separate Tank mittels eines Adapters befüllt werden konnte. Anschließend war die Selbstbedienung an gekennzeichneten Füllstationen ausgewählter Tankstellen kein Problem. Unter Berücksichtigung der gängigen Kriterien hinsichtlich der Fahrleistung eines entsprechenden Automobils würde ich die Leistung als sehr zufriedenstellend beurteilen.

Auf Basis einer Reihe von Fragen und Antworten könnte es zweckdienlich sein, die Entscheidungen eines Unternehmens wie Klöcker in Bezug auf den Kauf mehrerer propan- (chemische Bezeichnung C3H8) und benzinbetriebener Fahrzeuge zu betrachten. Amerikaner, die einen ähnlichen Wechsel zu komprimiertem Gas erwägen, könnten einen Einblick in die Vor- und Nachteile der Nutzung von alternativen Treibstoffen in Privatwagen sowie LKW-Flotten in den USA gewinnen.

Die Antworten auf die hier aufgeführten Fragen wurden durch Dr. Christoph Schwemmlein als geschäftsführendem Gesellschafter der Gebr. Klöcker geliefert.

In Bezug auf die Quellen alternativer Treibstoffe in Deutschland ist zunächst die Feststellung interessant, dass Deutschland europaweit der größter Hersteller von Methan ist. Bohrungen zeichnen sich als Quelle ebenso ab wie der Import von Naturgas aus Russland. Füllstationen für Propan (als ein alternativer Treibstoff) sind in Deutschland weit verbreitet.

Zum augenblicklichen Zeitpunkt bieten Mercedes, Fiat, Opel, General Motors und Citroen verschiedene gasbetriebene Automodelle an. In den USA steigt das Angebot an verdichtetem Naturgas als Methan (CH4) für den aktuellen und zukünftigen Bedarf. Naturgas gilt unter den alternativen Treibstoffen als sauber, ergiebig, bezahlbar, sicher und ökonomisch.

Welche Faktoren führten zu der klöckerseitigen Kaufentscheidung für einen auf den Gasbetrieb ausgelegten Automobiltyp (General Motors)?

Grundlage der Entscheidung für gasbetriebene Fahrzeuge war die Tatsache, dass GM diese mit bivalentem Antrieb (Gas und Benzin) ab Werk anbietet. Gleichzeitig wurde eine Werksgarantie in Höhe von drei Jahren ohne Kilometerbegrenzung für das gesamte Fahrzeug gegeben. Damit ist das Risiko der Fehlfunktion der neuen Propan-Technologie minimiert. Zudem war der Wechselkurs pro Fahrzeug vorteilhaft (rund € 20.000) und die Lieferzeit mit sechs bis acht Wochen relativ kurz. Anders als in den USA werden Autos in Deutschland vorbestellt, wohingegen Amerikaner es gewohnt sind, zwecks sofortiger Bereitstellung direkt vom Lagerbestand des Händlers zu kaufen.

Welche Rolle spielten Treibstoffkostenersparnisse, Kaufpreis und Verfügbarkeit der Fahrzeuge bei der Entscheidung? Warum GM?

Neben den günstigen Anschaffungskosten der GMs können die Autos sowohl mit Gas als auch mit Benzin betrieben werden. Dadurch wird zum einen die Reichweite wesentlich erhöht und zum anderen werden die Energiekosten um ca. 40 – 45 % reduziert, da der Gaspreis in Deutschland nur etwa die Hälfte des Benzinpreises ausmacht. Für den Betrieb des Autos werden ca. 10 % mehr Gas (im direkten Vergleich) benötigt.

Inwiefern unterstützte die deutsche Regierung diese Entscheidungen? Subventionen, Anerkennung umweltbezogener Unternehmenspolitik, etc. Welche Rolle spielten umweltbezogene und steuerliche Betrachtungen? Gibt es weitere Faktoren?

Die deutsche Regierung subventioniert den Verkauf von Gas über eine reduzierte Steuer bis in das Jahr 2018 hinaus. Beträgt die Mineralölsteuer für Benzin mittlerweile € 1,00 (rund $ 1,30 in US-Dollar) pro Liter (1 Gallone=4,546 Liter) zuzüglich Mehrwertsteuer, so beträgt sie bei Gas nur einen Bruchteil dessen, nämlich € 0,10 ($ 0,13 US-Dollar) zuzüglich Mehrwertsteuer. Für die Anschaffung der Fahrzeuge im Hause Klöcker war neben dem steuertechnischen Vorteil insbesondere von Bedeutung, dass im Rahmen der Umweltschutz-Zeirtifizierung nach DIN EN ISO 14001 (eine wichtige deutsche Auszeichnung, Deutsche Industrie Norm, ein Qualitätsstandard) aufgrund der geringeren Emission von gasbetriebenen Fahrzeugen Ökopunkte vergeben wurden, die die Emissions-Bilanz des Hauses Klöcker in Summe verbesserten.

Wurden anfangs Nachteile im Entscheidungsprozess deutlich, die im Zeitverlauf ausgeräumt worden sind?

Nachteile wurden im Entscheidungsprozess nicht realisiert, zumal GM eine Gesamtgarantie für die Funktionsfähigkeit des Fahrzeuges – also inklusive Gasanlage – von drei Jahren übernahm. Nach nunmehr ca. 300.000 Kilometern Fahrleistung (ca. 188.000 Meilen) kann derzeit bestätigt werden, dass die Fahrzeuge problemlos laufen.

Wie hat sich die bivalente Treibstoffversorgung im Zeitverlauf bewährt? Wie war die Relation von Benzin und Propangas bei der Nutzung der Fahrzeuge bzw. durch welche Faktoren wurde die jeweilige Auswahl beeinflusst? Ist das Tanken von Propangas umständlicher als das Tanken von Benzin?

Üblicherweise sind die Benzintanks der Fahrzeuge gefüllt, da der Startbetrieb grundsätzlich mit Benzin, und erst nach einigen Hundert Metern eine automatische Umstellung auf Gasbetrieb erfolgt. Dies hat technische Gründe. Grundsätzlich ist es aber von Vorteil, im Verhältnis 1 : 20 zwischen Benzin und Gas zu arbeiten. Da der Betrieb mit Gas einer höheren Verbrennungstemperatur unterliegt, was insbesondere für die Ventilsteuerung schmiertechnisch von Nachteil ist, wird dieses Mindestverhältnis empfohlen.

Letztlich ist das Tanken von Gas etwas komplizierter als das Tanken von Benzin, da Sicherheitsbestimmungen einzuhalten sind, die in erster Linie in notwendigen Verschraubungen der Füllstutzen münden, wobei aufgrund der Vermeidung von Funkenschlag sämtliche Füllstutzen in Messing gehalten sind. Üblicherweise gibt es eine Einweisung von fünf Minuten und danach keine Probleme mehr. Der Tankvorgang selbst erfolgt etwas schneller.

Welche Unterschiede bestehen wartungstechnisch (Kosten, Intervalle etc.) bei bivalent angetriebenen Fahrzeugen? Können Dieselmotoren mit Gasmotoren konkurrieren?

Bisher haben wir keine zusätzlichen Kosten in der Wartung zwischen Gas- und Benzinfahrzeugen festgestellt.

Unserer Meinung nach können Dieselfahrzeuge nicht mit Gasfahrzeugen konkurrieren, da diese Fahrzeuge zum einen einer höheren Steuer unterliegen, darüber hinaus die Umwelt zusätzlich mit Dieselpartikeln belasten und schließlich aufgrund der Motorkonzeption (erheblich höhere Kompression) wesentlich teurer sind als Benzinfahrzeuge.

Sind Gasfahrzeuge (ausschließlicher bzw. bivalenter Antrieb) in Deutschland verkaufstechnisch auf dem Vormarsch? Inwiefern werden Angebot und Verfügbarkeit unterstützt? Bestehen Steuervorteile oder andere Anreize seitens der Regierung?

Gasfahrzeuge verschiedenster Art sind überall in Deutschland erhältlich. Vorteile in Bezug auf Wartung bestehen aufgrund der günstigen Preise von Naturgas, einhergehend mit positiven Langzeitstudien und -ergebnissen und nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass höchst effiziente Dieselfahrzeuge extrem teuer und wartungsintensiv sind. Zusätzliche Turbolader sind zur Vermeidung des Beschleunigungsloches im oberen und unteren Drehzahlbereich erforderlich. Turbolader sind wartungsintensiv.

Gibt es Fragestellungen und Meinungen hinsichtlich der Leistung von Gasfahrzeugen? Sind Antriebskraft oder andere beschränkende Faktoren wie Verfügbarkeit, Geschwindigkeit, Beladungskapazität etc. ein Thema? Ist es – nach landläufiger Meinung – „bequemer“, ein benzinbetriebenes Fahrzeug zu führen?

Neben den Steuersubventionen für das Naturgas gibt es auf die Autos als solche keine Steuervorteile. Fahrtechnisch kann man keine Unterschiede dahingehend feststellen, ob der Wagen im Gas- oder Benzinbetrieb gefahren wird, allerdings haben umfangreiche Leistungstests unter Laborbedingungen ergeben, dass gasbetriebene Motoren ca. 5 % weniger Leistung erbringen als benzinbetriebene. Da die Motoren aber ausnahmslos sehr leistungsstark sind, ist der Verlust von ca. 10-15 PS kaum spürbar.

Wenn Sie ein deutscher Berater für ein amerikanisches Unternehmen wären, das die Nutzung gasbetriebener Fahrzeuge in Erwägung zieht: Was würden Sie Ihrem Kunden raten?

Wir würden unseren Kunden aufgrund der vorgenannten Argumente immer raten, naturgasbetriebene Fahrzeuge zu wählen, da der Betrieb günstig, ökonomisch sinnvoll und ohne spürbare Einschränkungen im Alltagsbetrieb möglich ist.

Gibt es andere Faktoren, die Ihnen hinsichtlich einer Entscheidung für Gas als Treibstoff für PKW und LKW wichtig erscheinen?

Letztlich waren vordergründig die niedrigeren Emissionswerte und der Preisvorteil entscheidend.

So sieht es aus. In Deutschland, wo beide Treibstoffe in ausreichender Menge verfügbar sind, wird Gas aufgrund der Kostenvorteile und vergleichbarer Motorenleistung bevorzugt.

Ich gehe davon aus, dass schon bald alternativ betriebene Fahrzeuge in ganz Zentral-Pennsylvania umherfahren werden. Natürlich kann Propangas leicht aus wässrigen Naturgasquellen gewonnen werden, die in den Vorkommen unseres West-Pennsylvania Marcellus Schiefergebietes verbreitet sind.

Quelle: Marcellus Business Central, eine Veröffentlichung der Tageszeitung Pennsylvania Business Central, 06. April 2012