01 April 2007: Neue Hoffnung am alten Standort

Es war „haarscharf“, meint Dr. Christoph Schwemmlein, Mitgesellschafter und Geschäftsführer der Gebr. Klöcker. Das Unternehmen aus Borken-Weseke stand kurz vor dem Absprung nach Indonesien, weil eine notwendige Erweiterung nicht erlaubt wurde. Jetzt sieht der Betrieb wieder Perspektiven.

Grund dafür ist ein Beschluss des Borkener Planungsausschusses, ein neues Bebauungsplan-Verfahren für das Weseker Gewerbegebiet einzuleiten. Der alte Plan war im vergangenen Jahr vom Oberverwaltungsgericht Münster nach Beschwerden von Anliegern gestoppt worden. „Das Lärmschutzgutachten reichte den Richtern nicht aus“, blickt Dr. Schwemmlein zurück. „Rein theoretisch hätten wir an unserem Standort auch Einzelhandel betreiben können“ – mit entsprechend höherer Verkehrs und Lärmbelastung für die Anwohner.

Alle Möglichkeiten ausgeschöpft
Nichts allerdings hätte dem Unternehmen, das seit über 160 Jahren im Borkener Ortsteil produziert, ferner gelegen. Gebr. Klöcker stellt Hightech-Werkzeuge und Webmaschinenzubehör für die Textilindustrie her. Die Entwicklungen aus Weseke sind weltweit im Einsatz, mit ihnen werden Beschichtungen für Flugzeugtragflächen ebenso produziert wie Buchrücken für Harry-Potter-Bände. 45, ausnahmslos hoch qualifizierte Arbeitsplätze sind nahe der niederländischen Grenze entstanden, weitere Einstellungen sind geplant.

Volle Auftragsbücher
Die Auftragsbücher sind voll, eine Vergrößerung ist dringend geboten. „Wir brauchen Produktionsfläche und eine neue Entwicklungsabteilung“, erläutert Dr. Schwemmlein. Seit 2001 arbeitet das Unternehmen an den Plänen. Platz genug wäre da. Auf einer circa 13 000 Quadratmeter großen Fläche mit insgesamt fünf Hallen hat Gebr. Klöcker mehr als 1,5 Millionen Euro in den Ausbau einer bereits bestehenden Produktionshalle investiert. Zwar ist das Gelände noch nicht bis zur Grundstücksgrenze bebaut, doch nach geltendem Planungsrecht ist vorerst Schluss: „Hier haben wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft.“

Getrennt von einer schmalen Straße bieten sich weitere rund 9000 Quadratmeter für Investitionen an. Für etwa zwei Millionen Euro sollen hier die Kunststoff-Spritztechnik und der Werkzeugbau erweitert werden. Bisher aber durfte Klöcker auf dem eigenen Grund und Boden nicht bauen. „Anwohner befürchten höhere Belastungen durch mehr Verkehr und Emissionen“, kennt Dr. Schwemmlein die Sorgen seiner Nachbarn und kann sie gleichwohl zerstreuen: „Wir bleiben deutlich unter allen Grenzwerten.“

Nach dem OVG-Urteil im vergangenen Jahr dachte er allerdings schon ans Aufgeben. Entweder wäre das Unternehmen nach Bandung in Indonesien gegangen, wo bereits jetzt die arbeitsintensive Fertigung erfolgt. Oder Gebr. Klöcker wäre komplett verkauft worden, womit ebenfalls eine Verlagerung der Produktion einhergegangen wäre.

Neuer Plan
Dafür, dass es vermutlich anders kommt, dankt Dr. Schwemmlein den Politikern im Rat und im Kreistag sowie der IHK Nord Westfalen. „Die haben auf uns eingeredet, die Flinte nicht ins Korn zu werfen.“ Mit Erfolg, der neue Plan ist auf den Weg gebracht und wird wohl auch erneut das OVG beschäftigen – „doch diesmal wird er Stand halten“, ist der Klöcker-Geschäftsführer überzeugt. 2009 könnte er Planungssicherheit haben, ein Jahr später wäre dann die Erweiterung abgeschlossen: Quasi im allerletzten Augenblick – „es war fünf vor zwölf“.

Klöcker kein Einzelfall
Fälle wie jener der Gebr. Klöcker in Weseke sind für die IHK Nord Westfalen kein Einzelfall. „Immer wieder muss zwischen den Interessen von Gewerbe und Wohnen ein Ausgleich gefunden werden“, sagt IHK-Geschäftsführer Hans-Bernd Felken. Häufig sei die Industrie zuerst da, Wohnbebauung rücke erst viel später an den Betrieb heran – was irgendwann zu Streit führen könne.

Felken rät Unternehmern, aufmerksam zu verfolgen, was sich in ihrem Umfeld tut. Wenn ein Bebauungsplan geändert werden soll und sich ein Wohnviertel in Richtung eines bestehenden Gewerbes ausbreitet, ist die IHK der richtige Ansprechpartner. „Wir sind offiziell in jedes Planverfahren eingebunden“, unterstreicht er. IHK-Fachleute analysieren vor Ort, ob Konflikte drohen und helfen mit ihrer Stellungnahme, Ärger von vornherein zu vermeiden.

Quelle: Wirtschaftsspiegel, Tobias Hertel, April 2007